Rund sollte bei diesem Projekt nur wenig laufen. Aber genau dafür unternehmen wir diese Reisen in unbekannte Wasser. Ohne Zeitdruck experimentieren wir und verbessern unsere Zusammenarbeit für unser jährliches Filmprojekt Das Letzte Pergament. Beinahe die Hälfte der 2021 an Das Letzte Pergament Beteiligten meldeten sich ursprünglich, um mitzumachen. In den zwei Wochen vor dem angesetzten Drehtermin stiegen die Covid-19-Fallzahlen aber drastisch an, sodass mit den schnell folgenden Beschlüssen des Landtages feststand, dass wir diesen Dreh mit einer Skelettcrew absolvieren werden müssen (1).
Eigentlich hätte uns vorher klar sein können, was sich an diesem Tag schnell herausstellte: Dies würde kein Wochenendprojekt werden. Wie sich später zeigen sollte, benötigten wir drei Samstage im November und Dezember, um die innerhalb einer Woche entstandene Geschichte in den Kasten zu bekommen.
Mit viel Elan und vielen Ideen – aber wenig Planung – stolperten wir zu unserem ersten Drehort. Einige Wochen vorher flüchtig besichtigt, befanden wir eine Bachstelle mit einem kleinen Bassin als visuell ansprechenden Drehort (2). Die Kamera sollte mittig über den von dem Bassin ausgehenden Bach fliegen. Dazu bauten und erprobten wir eine Konstruktion Marke Eigenbau bestehend aus einer Lichttraverse, etwas Holz und einer Schlinge aus dem eigenen Kletterbestand als Sicherungsleine (3).
Rückblickend wären ein paar gute Gummistiefel wahrscheinlich der zeiteffizientere Ansatz gewesen. An diesem Tag drehten wir nur eine Szene. Immerhin gelangen uns einige ansprechende Einstellungen (4).
Glücklicher Weise spielte uns am zweiten Drehtag das Wetter in die Karten und tauchte unseren Drehort stimmungsvoll in Schnee. Zudem stieß an diesem Tag ein fünftes Paar Hände zu unserer Gruppe (5). Wofür eine Woche vorher keine Hände frei gewesen waren, konnten wir nun die Arbeit etwas gleichmäßiger verteilen: Neben zwei Schauspielern blieb je eine Person übrig, jeweils Kamera, Ton und Licht zu übernehmen (6).
Eine deutlich bessere Vorproduktion sorgte darüber hinaus für einen schnelleren Ablauf. Im Voraus hatten wir nicht nur die Drehorte besichtigt, sondern uns auch umfangreiche Gedanken über Coverage gemacht – also die Einstellungen, welche zur Erzählung einer Szene benötigt werden. Das Ergebnis war, dass wir vor Ort mehr Zeit für Blocking (Kamerabewegung), Staging (Schauspielerbewegung), Komposition und Lichtsetzung hatten. All dies ist durchaus in einem Qualitätsanstieg der Aufnahmen zu erkennen (7). Unsere Lektion daraus: Der halbe Dreh ist vor dem Dreh; Vorproduktion wird in Zukunft eine viel größere Rolle für uns spielen.
Dennoch gerieten wir gegen Ende des Tages in arge Zeitnot. Der Schnee war binnen weniger Stunden nahezu in Gänze geschmolzen (8). Im Winter zu drehen bringt außerdem das Problem verkürzter Tage mit sich. Mit der bereits 15:45 Uhr untergehenden Sonne war es bereits gegen 16:00 Uhr so dunkel im dichten Wald, dass wir die knapp 75 Watt LED-Beleuchtung einsetzen mussten (9). Ein Effekt, der sich glücklicherweise leicht in unsere Geschichte einarbeiten ließ.
Im Großen und Ganzen war der dritte Drehtag der erfolgreichste. Nach den Erfahrungen der vergangenen zwei Wochen war in diesen letzten Drehtermin die bisher größte Menge an Vorarbeit geflossen. Der mehrere Wochen vorher besichtigte Drehort, der Wilisch nahe Kreischa (10), war wie der Wald der Vorwoche in eine dünne Schicht Schnee gehüllt.
Wieder war unser Team zu fünft – jedoch war das fünfte Mitglied diesmal ein anderes (11). Für einige abenteuerliche Aufnahmen, inmitten einer Felswald und den Aufstieg des Protagonisten auf einen von Schnee und nassen Blättern rutschigen Vorsprung, benötigten wir dieses fünfte Mitglied, um die Sicherheit von Kameramann und Schauspieler zu gewährleisten (12).
Auch an diesem Tag drängte die Zeit wieder. Schnell drehten wir Szenen im verschneiten Vulkankrater des Wilischs und an dessen steilen Felswänden (13). Pünktlich mit dem Einsetzen der Goldenen Stunde, welche in den 60 Minuten vor Sonnenuntergang ein wunderbar rötliches Licht liefert, rissen die Wolken in Richtung Westen auf. Wir beeilten uns dieses Glück auszunutzen und erklommen Szene für Szene den Wilisch (14).
Darf man denn schon gratulieren?
…hieß es von einer zufällig vorbeikommenden Spaziergängerin, als sie den Spirit in Hochzeitskleid, den beinahe gänzlich in Schwarz gekleideten Protagonisten, sowie Kamera mit Stativ und Licht erblickte. Zu unserem Glück waren all diese Begegnungen mit durchs Bild laufenden Wanderern stets kurz und kosteten kaum Zeit. So entstanden einige atemberaubend schöne Aufnahmen (15, 16) in den kurzen Pausen zwischen verschiedenen Wandergruppen.
Fast so schnell wie er begonnen hatte, endete schließlich auch dieser Tag. Doch zum ersten Mal nicht aufgrund schnwindenden Lichts oder anderer externer Einflüsse. Nein, dieses Mal hatten wir alles so geschafft, wie wir uns dies vorgenommen hatten. Eine Runde Schulterklopfen für uns alle.
Ein Projekt wie dieses ist keines mit einer sonderlich hohen Priorität auf unserer Liste. Sowohl Das Letzte Pergament: Kapitel 1, als auch Das Letzte Pergament: Kapitel 2 fordern momentan einen Großteil unserer begrenzten Zeit. Es wird also wohl noch eine Weile dauern, bevor Nimm Deine Hand in den Schnitt, und schließlich die Kinos wandert. Die eine oder andere Erfahrung aus diesem Dreh wird uns aber schon davor lehrreich weiterhelfen können.